Die erste Frage, die sich ein Gründer im Handwerk stellen muss, lautet: Habe ich die nötige persönliche und fachliche Qualifikation? Dabei gilt es zu beachten: Nicht alle 147 Gewerbe, die zum Handwerk zählen, haben dieselben Zugangsvoraussetzungen. Während Maler, Klempner und Bäcker zulassungspflichtige Berufe sind, üben Fotografen, Uhrmacher und Raumausstatter beispielsweise zulassungsfreie Gewerbe aus. Worauf Handwerker im Gründungsprozess achten sollten, erfährst du hier.
In vielen handwerklichen Berufen gilt die Meisterpflicht: Selbstständig machen kann sich nur, wer die entsprechende Meisterprüfung bestanden hat. Diese Regelung zielt auf das Wohl der Kunden: Nur wer fachlich auf der Höhe ist und eine umfassende Ausbildung hinter sich gebracht hat, darf Tätigkeiten ausüben, die gefährlich werden könnten, wenn man sie falsch angeht. Neben den zulassungspflichtigen Berufen existieren auch Handwerke, die zulassungsfrei sind und bei denen du dich auch ohne einen Meisterbrief selbstständig machen kannst. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie empfiehlt jedoch, eine Gründung ohne Meisterbrief nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: Viele Kunden verstehen den Meisterbrief als Qualitätssiegel. Wer keinen vorweisen kann, hat es bei der Kundenakquise schwerer. Weiterführende Informationen zu Qualifikationen und Zugangsvoraussetzungen findest du im Flyer Selbstständig im Handwerk des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
Meisterpflicht umgehen: Gründen mit angestelltem Meister
Wer selbst keinen Meisterbrief in der Schublade hat, aber dennoch gerne einen handwerklichen Betrieb gründen würde, der eigentlich zulassungspflichtig ist, dem bietet sich ein Hintertürchen: Es reicht nämlich aus, wenn du einen Meister als technischen Betriebsleiter einstellst.
Selbstständige Gesellen: Berufserfahrung statt Meisterprüfung
Eine Ausnahmeregelung gibt es auch für langjährige Gesellen: Diese müssen keinen Meisterbrief vorlegen, um gründen zu können, sofern sie bereits sechs Jahre in ihrem Beruf tätig waren und mindestens vier Jahre davon eine leitende Position innehatten. Belegen kannst du dies durch ein entsprechendes Arbeitszeugnis oder eine Stellenbeschreibung. Einige Gewerbe sind von dieser Ausnahme jedoch ausgenommen: Für Schornsteinfeger, Augenoptiker und Orthopädietechniker gilt sie beispielsweise nicht. Die Ausübungsberechtigung für langjährige Gesellen erteilt die örtliche Handwerkskammer.
Übernahme eines handwerklichen Betriebs
Egal ob Meister oder langjähriger Geselle, wer sich im Handwerk selbstständig macht, muss zu diesem Zweck nicht unbedingt neu gründen; auch die Übernahme eines bestehenden Betriebs ist eine Option. Die Unternehmensübernahme bietet den Vorteil, dass der Handwerksbetrieb bereits einen Kundenstamm hat und hinsichtlich der Akquise nicht bei null anfangen muss. Ein handwerklicher Betrieb kann auf verschiedene Weisen auf einen Gründer übertragen werden: als Schenkung, durch einen Verkauf oder durch eine Verpachtung.
Besonders wenn es sich um einen Generationenwechsel innerhalb der Familie handelt, ist es empfehlenswert festzuhalten, in welcher Form der ehemalige Chef künftig noch Einfluss ausüben darf. Denn wenn der Senior auch nach der Übernahme weiterhin ins Geschäft hineinredet, sind Zuständigkeitsstreitigkeiten keine Seltenheit.
Anmeldungen, Registrierungen und Amtsgänge
Die Gründung eines handwerklichen Betriebes setzt eine ganze Reihe Formalitäten voraus, die du erfüllen musst, bevor du dein Gründungsvorhaben in die Tat umsetzen kannst. Aber aufgepasst! Für zulassungspflichtige und zulassungsfreie Gewerbe sind das nicht immer dieselben. Folgende Behördengänge stehen in der Gründungsphase an:
- Kontakt zur Handwerkskammer: Wer selbstständig in einem zulassungspflichtigen Gewerbe tätig sein möchte, veranlasst hier den Eintrag in die sogenannte Handwerksrolle. Handwerkliche Gründungen, die nicht zulassungspflichtig sind, werden dagegen im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke erfasst. Für Mitglieder der Handwerkskammer fallen in den ersten Jahren nur geringe Beiträge an.
- Anmeldung beim Gewerbeamt: Mit einer Bestätigung über die Eintragung in die Handwerksrolle kannst du die Gewerbeanmeldung deines handwerklichen Betriebes beim zuständigen Gewerbeamt veranlassen.
- Betriebsnummer beim Arbeitsamt bestellen: Alle Gründer, die Angestellte beschäftigen möchten, benötigen eine Betriebsnummer, um für ihre Mitarbeiter Meldungen zur Sozialversicherung tätigen zu können.
- Berufsgenossenschaft: Gründer haben die Pflicht, sich bei der Berufsgenossenschaft ihrer Branche anzumelden.
Rentenversicherungspflichtig oder nicht?
In puncto Rentenversicherung besteht ein weiterer Unterschied zwischen den zulassungsfreien und den zulassungspflichtigen Handwerksberufen: Wer in einem freien Gewerbe tätig ist, hat keine Rentenversicherungspflicht. Alle, die dagegen einen Eintrag in der Handwerksrolle haben, sind gesetzlich verpflichtet, Beiträge zur Rentenversicherung zu leisten. Erst nach 18 Jahren – präziser: nach 216 erbrachten Pflichtbeiträgen – kannst du einen Befreiungsantrag stellen.
Spezifische Gründungsvorbereitung für das Handwerk
In der Frühphase gibt es eine Reihe Aspekte, die für Gründer eines handwerklichen Betriebes besonders hohe Relevanz haben:
- Branchenspezifische Beratung: Im Vorfeld einer Gründung kannst du von Experten-Beratung erheblich profitieren. Je präziser das Gründungs-Know-how auf deine Branche zugeschnitten ist, desto höher ist der Nutzen, den du aus einem Gespräch ziehen kannst. Viele Handwerkskammern bieten aus diesem Grund Seminare an, die sich explizit an Gründer im Handwerk richten; so beispielsweise die Handwerkskammer Dortmund.
- Fokus auf die Zahlungsfähigkeit: Wenn die Zahlungsmoral von Kunden zu wünschen übrig lässt, geraten kleine Handwerksbetriebe schnell in Bedrängnis: die eigene Zahlungsfähigkeit ist dann in Gefahr. Ein vorausschauende Liquiditätsplanung ist daher das A und O für deinen Handwerksbetrieb und sollte bei der Finanzplanung unbedingt mitgedacht werden.
- Chancen der Digitalisierung: Der Weg zum Kunden führt auch für Handwerker heute nicht mehr ausschließlich über die Gelben Seiten oder funktioniert einzig über Mund-zu-Mund-Propaganda. Spezifische Online-Portale wie my-hammer.de oder blauarbeit.de fungieren sozusagen als digitaler Vermittler von Aufträgen. Und so funktioniert’s: Kunden geben online an, welche Arbeiten bei ihnen erledigt werden müssen, und du bekommst die Möglichkeit, dir durch ein attraktives Angebot den Auftrag zu sichern. Allerdings ist die Präsenz auf derartigen Auftrags-Marktplätzen natürlich auch mit Kosten verbunden.
Lohnt sich für Handwerker die Teilnahme an einem Wettbewerb?
Ja, das tut sie. In der Gründungsphase, bevor deine Geschäftsidee skizziert und dein Finanz- und Liquiditätsplan ausgearbeitet sind, findest du tatkräftige und qualifizierte Hilfe, wenn du an einem Businessplan Wettbewerb teilnimmst. Handwerkliche Betriebe, die bereits Erfolge am Markt verbuchen konnten, haben weitere Optionen:
- Wenn deine Gründung schon mindestens ein Jahr zurückliegt, aber doch noch nicht länger als fünf Jahre her ist, kannst du am Gründerwettbewerb Top Gründer im Handwerk teilnehmen. Hier haben Sie die Chance auf Preisgelder von insgesamt 17.000 Euro.
- An Handwerksunternehmen, die eng mit Wissenschaftseinrichtungen zusammenarbeiten, richtet sich der Seifriz-Preis. Hier winkt ein Preisgeld von insgesamt 25.000 Euro.
- Speziell für Handwerkerinnen wurde der Wettbewerb Unternehmerfrauen im Handwerk ins Leben gerufen.
Hast du dich bereits als Handwerker selbstständig gemacht? Und hast du vielleicht Tipps für gründunswillige Meister und Gesellen? Wir freuen uns auf deine Kommentare.
Beitragsbild: Rawpixel
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